Ein bedeutender Schritt für den Naturschutz: Zwei junge Wisente aus dem Tierpark Bern haben gestern ihre Reise in eine neue, alte Heimat angetreten. Gemeinsam mit sieben Artgenossen aus europäischen Zoos erkunden sie nun die abgelegenen Bergwälder im nordöstlichen Aserbaidschan – jenes Gebiet im Grossen Kaukasus, in dem vor über 90 Jahren der letzte Wisent geschossen wurde.
Dank der Zusammenarbeit des WWF mit dem Tierpark Bern, dem Tierpark Berlin und weiteren Partnern ist es gelungen, diese imposanten Wildrinder dorthin zurückzubringen, wo sie einst heimisch waren. Noch verbringen die Tiere ihre ersten Wochen in einem 300 Hektaren grossen Eingewöhnungsareal im Shahdag Nationalpark. Doch bereits im Frühjahr 2022 sollen sie endgültig ausgewildert werden – mitten in einem der grössten zusammenhängenden Bergmischwälder des Kaukasus.
Die beiden männlichen Wisente aus Bern, geboren 2019, wurden im Rahmen des Erhaltungszuchtprogramms des Europäischen Zooverbands (EAZA) für dieses ambitionierte Projekt ausgewählt. Sie verliessen den Tierpark Bern in Richtung Frankfurt Hahn, wo sie auf sieben weitere Wisente aus Schweden, Tschechien und Deutschland trafen. Gemeinsam wurden sie im Tierpark Berlin für den Weitertransport vorbereitet.
Ein Zuhause voller Hoffnung und Geschichte
Die Wälder des Grossen Kaukasus bieten ideale Bedingungen für die Rückkehr des Wisents: reichlich Platz, natürliches Futter und Schutz in weitläufigen Naturschutzgebieten. Doch die Rückkehr in die Wildnis stellt auch hohe Anforderungen an die Tiere. «Die Wisente müssen sich bestimmte Verhaltensweisen – wie das Erkennen und Meiden von Raubtieren – wieder aneignen», erklärt Aurel Heidelberg vom WWF Deutschland, der das Projekt im Kaukasus koordiniert. Einige Tiere wurden daher mit GPS-Halsbändern ausgestattet, um ihre Bewegungen zu verfolgen und ihre Eingliederung besser begleiten zu können.

Berner Beitrag zur globalen Artenvielfalt
Seit dem Jahr 2000 konnten aus der naturnah gestalteten Wisentanlage des Tierparks Bern bereits 17 Tiere an Auswilderungsprojekte in Polen, Russland und Rumänien abgegeben werden. Nun geht der Beitrag zur Arterhaltung noch weiter: «Es ist ein grosser Moment für uns», sagt Meret Huwiler, Kuratorin des Tierpark Bern. «Wir freuen uns sehr, dass wir mit unseren beiden Wisentbullen nun auch zur Wiederansiedlung dieser beeindruckenden Tierart im Kaukasus beitragen dürfen.»
Neben den Tieren selbst unterstützt der Tierpark Bern – gemeinsam mit dem WWF Schweiz – auch finanziell den aufwändigen Transport der tonnenschweren Fracht in eine der abgelegensten Regionen Europas.
Ein Projekt mit Weitblick
Mit der geplanten Auswilderung im Frühjahr 2022 wird im Shahdag Nationalpark bereits die zweite Wisentherde in die Freiheit entlassen. Die erste Gruppe, bestehend aus 16 Tieren früherer Transporte und vier vor Ort geborenen Kälbern, wird das Eingewöhnungsareal bereits Ende November verlassen.
Die Rückkehr der Wisente in den Kaukasus ist ein Hoffnungsschimmer für den Erhalt der Artenvielfalt. Und ein Beweis dafür, wie erfolgreiche Zusammenarbeit über Grenzen hinweg Grosses bewirken kann.