Foto: Christine Messerli
21. November 2024

Brutwände & Nisthilfen im Tierpark Bern

Artenschutz beginnt oft im Verborgenen – in der Erde, im Gebüsch, in stillen Ecken, wo Tiere brüten, jagen, grossziehen. Der Tierpark Bern setzt sich dafür ein, genau solche Orte zu schaffen. Mit speziell gestalteten Brutwänden und Nisthilfen unterstützt er gezielt Vogelarten, die in der freien Natur kaum noch geeignete Lebensräume finden – und das mitten in der Stadt.

Ein Zuhause für schillernde Jäger – Die Bienenfresser-Brutwand

Ein besonderes Highlight des Engagements ist die neue Brutwand für den Europäischen Bienenfresser (Merops apiaster), die im Juni 2024 eröffnet wurde. Diese Zugvögel mit ihrem auffällig bunten Gefieder und ihren eleganten Flugmanövern haben die südexponierte Lehmwand sofort angenommen. Bereits im ersten Sommer wurden vier Jungvögel erfolgreich grossgezogen – ein schönes Zeichen dafür, wie schnell sich neue Lebensräume lohnen können.

Die Wand wurde exakt auf die Bedürfnisse der Bienenfresser abgestimmt: steil, gut besonnt, und mit einem lockeren Substratgemisch aus Lehm und Sand – ideal zum Graben von Brutröhren. Solche Wände entstehen in der Natur meist nur an Flussufern oder in aufgegebenen Kiesgruben – Lebensräume, die vielerorts verschwinden. Mit dieser gezielten Massnahme schaffen wir eine neue Chance für eine bedrohte Art.

Foto: Europäischer Bienenfresser

Die Eisvogelwand im Dählhölzli

Auch der Eisvogel (Alcedo atthis) hat im Tierpark Bern am Aareufer einen neuen Brutplatz bekommen – dort, wo früher Fischotter lebten. Gemeinsam mit Tierpfleger Hansueli Blatter hat der Tierpark Bern aus verdichtetem Sandlehm eine künstliche Uferwand modelliert, die den natürlichen Brutplätzen des Eisvogels nachempfunden ist. Integrierte Nisthöhlen aus Holzbeton bieten dem scheuen Vogel sichere Brutkammern, während ein eigens angelegter Teich direkt davor als Jagdrevier dient.

Sitzwarten aus Totholz ermöglichen es dem Eisvogel, seine Beute gut im Blick zu behalten. Kräutermatten auf der Wand sorgen für natürlichen Bewuchs und lassen die Anlage harmonisch in die Umgebung übergehen. So entsteht ein ökologisch wertvoller Raum, der sowohl den Bedürfnissen der Tiere als auch dem Anspruch an eine naturnahe Gestaltung gerecht wird.

Foto: Aareufer, Pesche Zimmermann

Tierpfleger Hansueli Blatter und sein Team haben sich dieser Herausforderung mit viel Know-how und Fingerspitzengefühl angenommen:

  • Sorgfältig ausgewählter Sandlehm aus dem Seeland wurde aufgeschichtet, genässt, verdichtet und anschliessend auf der Flussseite abgetragen, um einen authentischen „Uferabbruch“ zu simulieren.
  • In die Wand wurden vorgefertigte Nisthöhlen aus Holzbeton  eingebaut, sodass Eisvögel auf ein natürlich wirkendes Sandloch zusteuern – und im Inneren eine sichere Brutkammer vorfinden.
  • Ein eigens angelegter Teich vor der Wand dient als Nahrungsquelle und Schutzraum – denn Eisvögel bevorzugen Brutplätze mit Wasserzugang.
  • Totholz und Sitzwarten ermöglichen es dem Eisvogel, von erhöhten Positionen aus auf Beute zu lauern und die Röhren anzufliegen.
  • Kräutermatten über der Wand sorgen für natürlichen Bewuchs und ein harmonisches Landschaftsbild.

Bildung durch Beobachtung

Die Brutwände sind mehr als Rückzugsorte für seltene Vogelarten – sie sind lebendige Lernorte. Besucher haben die Chance, faszinierende Verhaltensweisen direkt zu beobachten: Wie ein Eisvogel pfeilschnell ins Wasser taucht, oder wie Bienenfresser geschickt im Flug nach Insekten jagen.

Solche Erlebnisse schaffen Verbindung. Sie machen ökologische Zusammenhänge greifbar und wecken Verständnis – und vielleicht auch den Wunsch, selbst zum Schutz der Artenvielfalt beizutragen.