Das Korallenriff-Aquarium im Tierpark Bern

Das Korallenriff-Aquarium im Tierpark Bern

Das Korallenriff-Aquarium im Tierpark Bern – oft auch „Riff von Bern“ genannt – entführt Besucher in eine bunte tropische Unterwasserwelt mitten in der Schweiz. Es befindet sich im Vivarium, der tropischen Halle im Herzen des Dählhölzli-Zoos, die 2013 nach umfangreicher Sanierung neu eröffnet wurde. Das Riffbecken ist mit rund 40 000 Litern Meerwasser das grösste Korallenriff-Aquarium der Schweiz. Als Besonderheit besteht die Riffstruktur vollständig aus künstlicher Keramik, die ein natürliches Korallenskelett imitiert, anstatt lebendes Riffgestein aus der Natur zu entnehmen. Auf dieser künstlichen Grundlage gedeihen die Korallen prächtig – so gut, dass Tierpfleger regelmässig ins Becken steigen müssen, um das Wachstum der Korallen zu stutzen. Finanziert wurde die Anlage unter anderem durch den Tierparkverein Bern, der die Renovierung des Vivariums massgeblich unterstützte. Mit der farbenfrohen Aquarienlandschaft des Riffs gewann der Tierpark 2014 eine neue Attraktion, die seither Gross und Klein in Staunen versetzt.

Foto: Kofferfisch, Yannik Amberg

Technische Informationen: Aufbau, Wasser und Pflege

Die gesamte Anlage ist beeindruckend dimensioniert: 12 Meter lang, etwa 2,35 m breit und 1,55 m hoch fasst das Becken knapp 40 Kubikmeter Salzwasser. Die Front besteht aus drei jeweils vier Meter breiten Sichtscheiben aus Spezialglas, das in 6 cm Dicke laminiert wurde, um dem enormen Wasserdruck standzuhalten. Hinter den Kulissen sorgt ein grosses Filterbecken (~4000 Liter) mit einem automatischen Vliesfilter für mechanische Reinigung. Ergänzend arbeiten leistungsstarke Pumpen und biologische Filtersysteme, um klares, sauberes Wasser zu gewährleisten. Die komplette Rifflandschaft besteht zu 100 % aus Keramik – diese künstlichen Riffmodule aus Ton bieten den Korallen und anderen Organismen Halt und ersetzen natürliches Gestein. 

Auch eine Quarantäne- und Korallenzucht-Anlage ist angeschlossen: um neue Tiere behutsam eingewöhnen und Korallen nachzüchten zu können. Die Wasserqualität und Umweltbedingungen werden stetig überwacht, um ein stabiles tropisches Klima zu halten. Im Becken herrschen konstant warme Temperaturen um etwa 25 °C sowie eine Salzkonzentration wie im Ozean. Ein ausgeklügeltes Beleuchtungssystem im Hallendach imitiert den natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus – inklusive Dämmerung und sogar Gewitterphasen. Dabei flackern in regelmässigen Abständen Blitzlichter über dem Riff, um tropische Stürme nachzustellen, was zu einem realistischen Wechsel der Lichtverhältnisse führt. Starke Strömungspumpen erzeugen unterschiedliche Strömungen und Wellen, sodass Korallen und Fische wie im echten Ozean umspült werden.

Die Pflege des Riffs erfordert täglichen Aufwand: Tierpfleger füttern die Fische mit abwechslungsreicher Kost (von Algen über Plankton bis Muschelfleisch) und kontrollieren Wasserwerte wie pH und Salzgehalt. Scheiben und Dekoration werden von Algen freigehalten. Da die Korallen beständig wachsen, wird das „Korallengärtnern“ regelmässig betrieben – Taucher oder Pfleger steigen ins Wasser, um überwucherte Stellen zurückzuschneiden und Korallenableger zu setzen.

Während solcher Tauchgänge zeigt sich sogar Interaktion mit den Aquarienbewohnern: Neugierige Putzerfische knabbern sanft an den Tauchanzügen und „reinigen“ die Pfleger, und ein frecher Kofferfisch namens „klein Jüre“ muss mit einem Happen Muschelfleisch abgelenkt werden, damit er den Arbeitenden nicht ständig im Weg umherschwimmt.

Foto: Das Riff von Bern, Särli

Das bunte und vielfältige Leben im Riff von Bern

Kaum zu glauben, aber Korallen sind keine Pflanzen, sondern Tiere! Diese faszinierenden Meeresbewohner sitzen fest verankert am Riffboden und filtern mit ihren winzigen Polypen Nährstoffe und Plankton aus dem Wasser. Viele von ihnen leben in enger Partnerschaft mit winzigen Algen, den sogenannten Zooxanthellen. Diese sorgen nicht nur für die schillernden Farben der Korallen, sondern versorgen sie auch mit Energie aus Sonnenlicht.

Im „Riff von Bern“ tummelt sich eine beeindruckende Vielfalt: von zarten Leder- und Weichkorallen über prachtvolle Steinkorallen bis zu filigranen Gorgonien und bunten Anemonen. Entdecke Hornkorallen, Hirnkorallen, Pilzkorallen oder die strahlende Himbeerkoralle – ein lebendiges Kunstwerk unter Wasser, das zeigt, wie vielfältig das Leben im Riff wirklich ist.

Foto: Seeanemonen sind auch unter den Namen Seerosen, Seenelken, Aktinien oder Actiniaria bekannt

Warum sind Korallenfische so bunt? – Täuschung, Tarnung & geheime Liebesbotschaften

Knallige Farben und wilde Muster – Korallenfische sehen aus, als wollten sie um jeden Preis auffallen. Doch genau das Gegenteil ist der Fall: In der flirrenden Farbenwelt des Riffs dienen ihre leuchtenden Töne der Tarnung. Was für unser Auge grell erscheint, verschmilzt für räuberische Fische mit dem Hintergrund – ein Trick namens Somatolyse. Manche Fische kommunizieren sogar im Geheimen: Mit UV-Mustern, die für Feinde unsichtbar bleiben, senden sie Botschaften wie Liebeserklärungen oder Revierwarnungen. Wer hätte gedacht, dass Farben unter Wasser so viel mehr sind als nur schöne Deko?

Foto: Korallenriff, Tierpark Bern

Artenvielfalt: Korallen, Fische und wirbellose Tiere

Die Tierarten im Korallenriff-Aquarium sind so vielfältig wie farbenprächtig. Mehrere Dutzend Korallenfisch-Arten beleben das Riff, von winzigen Grundeln bis zu stattlichen Doktorfischen. Ein Highlight für viele Besucher sind die Clownfische (Clown-Anemonenfisch), bekannt aus dem Film „Findet Nemo“, die hier in Symbiose mit ihren leuchtenden Anemonen leben. Ebenfalls auffällig sind die verschiedenen Doktorfische mit ihren kräftigen Farben und Mustern – z. B. der Pazifische Segelflossen-Doktorfisch, der Paletten-Doktorfisch („Dori“ aus Nemo) in leuchtendem Blau-Schwarz und der Orangefleck-Doktorfisch mit markantem orangen Fleck.

Daneben tummeln sich viele weitere Rifffische: das Fuchsgesicht (ein Kaninchenfisch mit fuchsähnlicher Maske), bunte Kaiserfische und Falterfische, agile Lippfische wie der Gemeine Putzerfisch und der Kanarien-Lippfisch, und farbenprächtige Barsche wie der Juwelen-Fahnenbarsch. Sogar Muränen fehlen nicht – etwa die schlangengleiche Nasenmuräne (Blauband-Muräne), die im Laufe ihres Lebens die Farbe und sogar das Geschlecht wechselt. 

Viele dieser Fische zeigen faszinierende Anpassungen: Ein Feilenfisch mit haarigen Auswüchsen tarnt sich etwa als Algenbüschel, während knallgelbe Arten wie die Korallengrundel Fressfeinden ihre Giftigkeit signalisieren. Insgesamt bietet das Aquarium ein lebendiges Mosaik aus allen Farben und Formen der Tropenfisch-Welt. Auch die Wirbellosen Tiere und Korallen machen die Anlage zu einem echten Riff-Ökosystem. Hunderte Steinkorallen und Weichkorallen (Lederkorallen) sowie filigrane Gorgonien (Fächerkorallen) bedecken die Keramik-Struktur.

Dazwischen bewegen sich zahlreiche Wirbellose: Bunte Seeanemonen mit ihren Clownfischen, verschiedene Schnecken und Muscheln, gepanzerte Einsiedlerkrebse und imposante Riesenmuscheln mit leuchtend blauen Manteln. Auf dem Sandboden vergraben sich flache Sanddollars (Seeigelverwandte) und schlängeln sich Röhrenaale, und an den Riffspalten klammern sich Schlangensterne mit ihren langen Armen.

Viele dieser Arten vermehren sich auch im Aquarium: So wachsen Korallenableger heran, und manche Fischarten ziehen sogar Nachwuchs auf. Ein besonderes Artenschutz-Highlight ist der Banggai-Kardinalbarsch, ein schwarz-weiss gestreifter kleiner Fisch, der im Riffbecken schwimmt – diese Art gilt in ihrem ursprünglichen Verbreitungsgebiet in Indonesien als gefährdet. Im Tierpark Bern werden Banggai-Kardinalbarsche erfolgreich gehalten und es wird versucht, sie nachzuzüchten. Die enorme Artenvielfalt im Berner Riff zeigt eindrucksvoll, wie komplex und artenreich echte Korallenriffe sind – vom kleinsten Polypen bis zum schwimmenden Schmuckstück.

Foto: Kofferfisch, Yannik Amberg

Bildung, Artenschutz und Forschung – die Bedeutung des Riffaquariums

Moderne Zoos wie der Tierpark Bern verstehen sich nicht nur als Schaustätten, sondern auch als Bildungs- und Naturschutzzentren. Das Korallenriff-Aquarium spielt in diesem Sinne eine wichtige Rolle.

Bildung: Besucher jeden Alters lernen hier über den Lebensraum Korallenriff – Infotafeln und Führungen erklären, welche Tiere im Riff leben, wie Korallen wachsen und warum dieses Ökosystem so schützenswert ist. Kinder und Erwachsene können Nemo & Dori aus nächster Nähe bestaunen, aber auch weniger bekannte Tiere entdecken und etwas über Themen wie Symbiosen (z. B. Clownfisch und Anemone) oder Tarnstrategien der Fische erfahren. Solche direkten Begegnungen fördern das Verständnis und die Wertschätzung für die Meere.

Artenschutz: Korallenriffe gehören zu den am stärksten bedrohten Ökosystemen der Erde – Erwärmung, Verschmutzung und Überfischung setzen ihnen zu. Das Aquarium in Bern dient als Botschafter für diese Problematik. Durch Projekte wie den sogenannten freiwilligen Naturschutzfranken – ein Teil jeder Eintrittskarte fliesst in Naturschutz – plant der Tierpark Bern  gemeinsam mit der Zürcher Organisation rrreefs aktiv den Schutz von Korallenriffen. Dieses gemeinsame Projekt soll wissenschaftlich begleitet werden und Korallenlarven neue Siedlungsflächen bieten. 

Auch im Aquarium selbst wird auf Nachhaltigkeit geachtet: Das gesamte Riff entstand ohne Raubbau an Naturkorallen, die Korallen im Becken stammen teils aus anderen Zoos oder Nachzuchten, und empfindliche Arten wie der Banggai-Barsch werden hier geschützt gehalten. 

Forschung: Ein grosses Riffaquarium bietet zudem Forschern die Möglichkeit, das Verhalten von Riffbewohnern und das Wachstum von Korallen unter kontrollierten Bedingungen zu studieren. Erkenntnisse aus der Aquarienhaltung – etwa über Krankheiten, Futterbedarf oder Fortpflanzung – kommen direkt dem Artenschutz zugute. Der Tierpark Bern ist seit 2010 als wissenschaftliche Einrichtung anerkannt und beteiligt sich an internationalen Zuchtprogrammen und Austausch von Korallenablegern mit anderen Institutionen. So verbindet das Berner Korallenriff Erlebnis und Bildung: Es begeistert die Besucher und leistet gleichzeitig einen Beitrag zu Wissenschaft und Naturschutz.

Foto: Das Riff von Bern, Kuhkopf- Doktorfisch, Tierpark Bern

Besonderheiten und spannende Fakten aus dem „Berner Riff“

Grösstes Riff der Schweiz: Das 40’000-Liter-Becken im Dählhölzli gilt als das grösste zusammenhängende Korallenriff-Aquarium des Landes. Durch seine enorme Länge von 12 Metern können Besucher die Riffbewohner aus nächster Nähe beobachten, als würden sie durch ein echtes Stück Ozean spazieren.

Künstliches Riff aus Keramik: Um wilde Riffe zu schonen, wurde das gesamte Riffgerüst aus keramischen Modulen aufgebaut. Diese Spezialanfertigung imitiert die Struktur von echtem Riffgestein und bietet Korallen einen optimalen Untergrund. Dank dieser nachhaltigen Lösung musste kein lebendes Korallen-Gestein der Natur entnommen werden.

Tropengewitter im Aquarium: Im Berner Riff kann es „regnen und blitzen“ – eine spezielle Lichtanlage erzeugt regelmässig kurze Gewitter-Simulationen im Aquarium. Dabei flackert das Licht wie bei einem Blitz und sorgt für spannende Effekte im Wasser. Die Fische verhalten sich dann wie im natürlichen Riff bei Sturm: Viele ziehen sich zwischen die Korallen zurück, bis das „Unwetter“ vorüber ist.

Tarnkünstler unter Wasser: Warum sind Riff-Fische so bunt? Paradoxerweise dienen die grellen Farben im schillernden Korallenriff oft der Tarnung. Durch Somatolyse – das Verschmelzen mit dem farbigen Hintergrund – verschwimmt ein einzelner Fisch optisch in der bunten Umgebung und wird von Räubern weniger leicht erkannt. Aus einiger Entfernung wirken selbst knallbunte Fische plötzlich graublau und sind praktisch „unsichtbar“. Die farbenfrohe Umgebung ist also kein Nachteil, sondern Schutz!

Korallen-Gärtner und Tierpfleger: Das Korallenriff ist ein lebendes Gartenprojekt unter Wasser. Da die Korallen beständig wachsen, müssen Taucher etwa alle paar Wochen ins Becken steigen und Korallen zurückschneiden – ähnlich wie man Hecken im Garten trimmt. Diese Korallenstücke werden oft weiterkultiviert oder mit anderen Aquarien getauscht.

Foto: Kofferfisch, Christine Messerli

Abtauchen im Tierpark – Das Riffaquarium als Podcast-Erlebnis

Wie bringt man 40 000 Liter Meerwasser mitten nach Bern? In der Podcastfolge Ah!nimal geht’s hinter die Kulissen des grössten Korallenriff-Aquariums der Schweiz. Technik, Tierpflege und tropisches Flair – in nur 15 Minuten!

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Foto: Das Riff von Bern, Särli