Foto: Tierpark Bern
02. Januar 2015

Der Balistar: Von der wissenschaftlichen Entdeckung zur bedrohten Art

Die Entdeckung des Balistars (Leucopsar rothschildi) durch den deutschen Zoologen Erwin Stresemann im Jahr 1911 markierte ungewollt den Beginn einer tragischen Entwicklung. Stresemann schoss das Typexemplar für seine Erstbeschreibung von einer Palme und veröffentlichte daraufhin einen Artikel, der große Begeisterung in der ornithologischen Gemeinschaft auslöste. Doch anstatt den Schutz der Art und ihres Lebensraums in den Fokus zu rücken, weckte der Bericht vor allem das Verlangen, diesen seltenen Vogel zu besitzen.

Der Balistar avancierte schnell zu einem begehrten Statussymbol unter Vogelliebhabern und Sammlern. Die Nachfrage nach Wildfängen stieg rapide, und auf dem Schwarzmarkt wurden für ein Exemplar Summen von mehreren Tausend Dollar gezahlt. Der Schutz der Art spielte in dieser Zeit keine Rolle – vielmehr führte die Popularität des Balistars zu einem massiven Anstieg der Wilderei und einem beispiellosen Rückgang seiner natürlichen Population.

Das Verschwinden des Balistars

Der Balistar (Leucopsar rothschildi) ist eine endemische Art, die ausschliesslich auf der indonesischen Insel Bali vorkommt. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts beschrieb Stresemann den Balistar als selten und schätzte die Population auf etwa 900 Individuen. Berichten zufolge übernachteten zu dieser Zeit noch Hunderte dieser Vögel in den Plantagen Balis. Ab den 1920er-Jahren fehlen jedoch Bestandsangaben, bis 1970 in einem Vorfall 200 gewilderte Balistare gefunden wurden. Die ab 1974 regelmäßig durchgeführten Zählungen zeigten einen drastischen Rückgang: 1978 wurden noch 200 bis 500 Tiere gezählt, Anfang der 1980er Jahre waren es 180, und bis Ende des Jahrzehnts sank die Zahl auf nur noch 23 Vögel. 1990 lebten lediglich 14 Balistare in freier Wildbahn, und 2001 war die Population auf sechs Individuen geschrumpft.

Erste Schutzmassnahmen

Bereits 1936 wurde das Verbreitungsgebiet des Balistars als Schutzzone ausgewiesen. 1947 erhielt es den Status eines Wildlife-Reservats mit einer Fläche von 190 km². Dennoch konnte diese Schutzmassnahme den Lebensraum des Balistars nicht vor der Ausbreitung von Plantagen und touristischer Infrastruktur bewahren. Seit 1957 steht der Balistar unter Schutz des indonesischen Rechts, und 1975 wurde die Art in Anhang I des Washingtoner Artenschutzabkommens (CITES) aufgenommen. Allerdings vermuten einige Experten, dass die CITES-Registrierung die Nachfrage nach dieser prestigeträchtigen Art im illegalen Handel zusätzlich gesteigert hat.

Die Population in menschlicher Obhut

Gewilderte Balistare wurden über Jahre an Händler, Züchter und Zoos verkauft. In Privathand galt der Balistar als exklusives Statussymbol, für das bis zu mehrere Tausend Dollar gezahlt wurden. Obwohl die Nachzucht in Zoos und bei privaten Haltern erfolgreich war, blieb der illegale Handel mit Wildfängen ein lukratives Geschäft. Ende der 1980er Jahre, kurz vor dem Tiefpunkt der Population in der Wildnis, lebten weltweit über 1.000 Balistare in menschlicher Obhut, davon 700 allein in Europa. Vor der Jahrtausendwende stieg diese Zahl auf etwa 3.000 Vögel.

Schutzprojekte für den Balistar

1983 initiierte eine Zusammenarbeit internationaler Vogelschutzorganisationen und der indonesischen Behörden ein langfristiges Schutzprogramm. Dieses umfasste:

  • Lebensraumaufwertung: Auf Basis umfassender Feldforschung wurden die verbleibenden Habitate im Bali Barat Nationalpark geschützt und verbessert.
  • Schutzmassnahmen: Bewaffnete Einheiten sollten Wilderei, illegalen Holzschlag und Brandrodung verhindern.
  • Förderung der Population: Nistkästen wurden installiert und bevorzugte Nahrungspflanzen gepflanzt.
  • Nachzuchtprogramme: Indonesische Zoos starteten eigene Zuchtprogramme, um die Population sowohl in ihrem natürlichen Lebensraum als auch auf der benachbarten Insel Nusa Penida wieder aufzubauen.
  • Genetische Kontrolle: Ein internationales Zuchtbuch sorgt dafür, dass nur Tiere mit bekanntem genetischen Hintergrund für die Nachzucht verwendet werden.

1987 wurden die ersten in Menschenobhut gezüchteten Balistare auf Bali freigelassen. Seit der Jahrtausendwende zeigen Bestandszählungen eine vorsichtige Erholung: 2009 wurden etwa 50 Vögel auf Bali sowie 127 (65 Adulte und 62 Jungtiere) auf Nusa Penida gezählt. Ein Grund hierfür ist das Engagement der Schutzorganisationen und eine Vereinbarung mit der lokalen Bevölkerung, die einen Teil der nachgezogenen Jungvögel kommerziell nutzen darf, während ein definierter Anteil für die Wiederansiedlung freigegeben wird.

Das Europäische Erhaltungszuchtprogramm (EEP)

Anfang der 1990er Jahre wurde ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP) für den Balistar ins Leben gerufen. Die Leitung liegt beim Zoo Köln, der auch die Wiederansiedlung vor Ort in Kooperation mit lokalen Naturschutzorganisationen koordiniert.

Der Tierpark Bern und der Balistar

Seit Herbst 2013 hält der Tierpark Bern ein Zuchtpaar Balistare in der Urwaldvoliere. Das Männchen stammt aus dem Zoo Basel, das Weibchen aus dem Zoo Köln. Mit Nachzuchten aus Bern soll künftig ein Beitrag zur Stabilisierung des Bestandes im natürlichen Lebensraum geleistet werden.