Foto: Lea Schindler
19. Januar 2025

Diamantschildkröten – Überlebenskünstler im Brackwasser

Die Diamantschildkröte (Malaclemys terrapin) ist eine mittelgrosse Wasserschildkröte aus der Familie der Neuwelt-Sumpfschildkröten (Emydidae). Sie lebt entlang der atlantischen und golfseitigen Küstenregionen der USA – von Massachusetts über Florida bis Texas – in Flussmündungen, Mangrovensümpfen und Salzmarschen. Diese Lebensräume sind durch ihren schwankenden Salzgehalt geprägt, was sie zu einem typischen Brackwasserhabitat macht. Im Dählhölzli-Zoo bewohnen die Diamantschildkröten die Mangrovenanlage innerhalb des Vivariums.

Diamantschildkröten sind bemerkenswert gut an diese Bedingungen angepasst. Sie besitzen spezielle Salzdrüsen hinter den Augen, mit deren Hilfe sie überschüssiges Salz aus dem Körper ausscheiden können. Zudem zeigen sie ein aussergewöhnliches Trinkverhalten: Nach Regenfällen nehmen sie Süsswasser auf, das sich als dünner Film auf der Brackwasseroberfläche sammelt. Auch das Trinken von Regentropfen aus der Luft oder vom Körper anderer Schildkröten wurde beobachtet. Zusätzlich können sie Wasser im Gewebe unter der Haut speichern, um den Süsswasserbedarf zu decken.

Trotz ihres wasserlebenden Lebensstils kommen Diamantschildkröten regelmässig an Land – unter anderem zum Sonnenbaden. Diese Sonnenbäder helfen bei der Thermoregulation und unterstützen zudem die Reinigung des Panzers, da sie Algen- und Pilzbewuchs entgegenwirken können.

Foto: Diamantschildkröten (Malaclemys terrapin), Lea Schindler

Gefährdung und Schutz

Die Diamantschildkröte gehört zu den sogenannten Halsberger-Schildkröten (Cryptodira), einer Gruppe, die sich bereits im Jura vor rund 180 Millionen Jahren entwickelte. Im 18. und 19. Jahrhundert wurde sie in grossen Mengen gefangen, zunächst als günstiges Nahrungsmittel, später als Delikatesse. Um 1900 waren 12 grosse Tiere bis zu 125 US-Dollar wert. Diese intensive Nutzung führte zu einem massiven Rückgang der Populationen.

Auch heute ist die Art zahlreichen Bedrohungen ausgesetzt. Ein erheblicher Teil der Sterblichkeit entsteht durch Beifang in der Krabbenfischerei, insbesondere in Reusen. Zusätzlich kommt es durch Strassenverkehr sowie durch Habitatverlust zu weiteren Rückgängen. Die IUCN stuft die Diamantschildkröte derzeit als „gefährdet“ ein.

Lebensraumverlust durch Mangrovenzerstörung

Mangroven bilden ein bedeutendes Ökosystem tropischer und subtropischer Küsten. Sie bestehen aus salztoleranten Baum- und Straucharten, die im Gezeitenbereich wachsen. Diese Wälder bieten zahlreichen Tierarten Nahrung, Schutz und Fortpflanzungsmöglichkeiten – auch der Diamantschildkröte.

Seit den 1980er Jahren sind weltweit über ein Drittel der Mangrovenbestände verloren gegangen. Eine der Hauptursachen ist die Umwandlung von Mangrovenflächen in Aquakulturanlagen, insbesondere für die Garnelenzucht. Diese Becken werden häufig nach wenigen Jahren aufgegeben, da die Böden durch chemische Rückstände stark belastet sind. Eine Regeneration des Mangrovenwaldes ist in solchen Fällen meist nicht möglich.

Foto: Diamantschildkröte im Dählhölzli-Zoo, Dylan Heimberg

Bildung und Bewusstsein

Der Schutz der Diamantschildkröte beginnt mit der Sensibilisierung der Öffentlichkeit. In den USA wird diese Arbeit auch durch Kinderliteratur unterstützt. Das Buch „Turtles in My Sandbox“ von Jennifer Keats Curtis erzählt die Geschichte eines Mädchens, das Schildkröten in ihrem Sandkasten entdeckt und daraufhin zur engagierten Schildkrötenschützerin wird. Solche Geschichten tragen dazu bei, bereits Kinder für Artenschutz zu begeistern.

Diamantschildkröten im Dählhölzli

Im Dählhölzli-Vivarium leben seit 2014 Diamantschildkröten in einer naturgetreu gestalteten Mangrovenanlage. Besucherinnen und Besucher können die Tiere beim Schwimmen, Tauchen oder Sonnenbaden beobachten.

Die Anlage simuliert die ökologischen Bedingungen einer tropischen Küstenmangrove mit reduziertem Salzgehalt und künstlich gesteuertem Gezeitenwechsel. Neben den Schildkröten sind auch Vieraugenfische und Gemeine Argusfische Teil dieser Wasserlandschaft.

Schildkröten zählen zu den ältesten heute lebenden Wirbeltiergruppen – sie überlebten die Dinosaurier. Doch heute gelten über 60 Prozent der weltweit bekannten Schildkrötenarten als gefährdet. Der Schutz der Diamantschildkröte steht exemplarisch für den weltweiten Kampf gegen Artensterben, Lebensraumverlust und Umweltzerstörung.

Foto: Die Diamantschildkröte (Malaclemys terrapin), Ramona Photography

Quelle:

Ernst, C.H. & Lovich, J.E. (2009). Turtles of the United States and Canada. Johns Hopkins University Press.

Mitchelmore, C.L., Rowe, C.L., & Place, A.R. (2006). „Comparative oxidative stress in estuarine turtles.“ Marine Environmental Research.