22. August 2024

Erste Käferauswilderung in der Schweiz: Ein neuer Meilenstein im Tierpark Bern

Im Juli 2024 wurde ein historischer Moment in der Schweizer Naturschutzgeschichte erreicht: Erstmals wurden Käfer in der Schweiz ausgewildert. In einer Initiative des Tierparks Bern, gemeinsam mit Stadtgrün Bern und dem Naturhistorischen Museum, wurden etwa 50 Larven des seltenen Nashornkäfers (Oryctes nasicornis) im Tierparkareal ausgewildert. Dieses innovative Projekt, das 2021 ins Leben gerufen wurde, zielt darauf ab, drei gefährdete Totholzkäferarten, darunter auch der Hirschkäfer und der Marmorierte Rosenkäfer, wieder in der Stadt Bern anzusiedeln und deren Populationen nachhaltig zu fördern.

Nashornkäfer (Oryctes nasicornis)

Die Wiederentdeckung des Nashornkäfers in Bern

Der Nashornkäfer, einst in Bern weit verbreitet, verschwand vor etwa 100 Jahren vollständig aus der Region. Diese markante Käferart, die in der Vergangenheit vor allem in Gerbereien anzutreffen war, ist heute eine Seltenheit in der Schweiz. Um diese beeindruckenden Käfer wieder heimisch zu machen, startete der Tierpark Bern im Sommer 2021 ein ambitioniertes Zuchtprogramm. Ausgangspunkt waren 18 Larven, die aus einem Bodensubstrat auf einem Spielplatz in Basel entnommen wurden. Diese Larven entwickelten sich im Tierpark Bern zu adulten Käfern, die erfolgreich weitergezüchtet wurden. Nach zwei Jahren intensiver Zucht konnte so eine stattliche Population von 350 Larven herangezogen werden.
Nashornkäfer Larven (Oryctes nasicornis)

Der Lebensraum für die Larven: Käfer-Treffs in Bern

Für die Auswilderung der Larven war die Schaffung geeigneter Lebensräume von entscheidender Bedeutung. Nashornkäferlarven benötigen für ihre dreijährige Entwicklung Totholzhaufen aus Laubholz, die einen bestimmten Zersetzungsgrad erreicht haben. Diese speziellen Lebensräume, sogenannte „Käfer-Treffs“, wurden seit 2021 an fünf Standorten in Bern eingerichtet und gepflegt. Im Rahmen des Pilotprojekts wurden Ende Juli 2024 rund 50 Larven in einem dieser Käfer-Treffs im Tierpark Bern ausgesetzt.
Nashornkäfer Larve (Oryctes nasicornis)

Eine wissenschaftlich fundierte Methode

Da es in der Schweiz noch keine Erfahrungen mit der Auswilderung von Käfern gab, wurde das Setting in enger Zusammenarbeit mit internationalen Käferexperten entwickelt. Die Larven wurden in Holzkisten ausgesetzt, die mit dem Substrat ihres ursprünglichen Lebensraums gefüllt waren. Diese Kisten bieten den Larven Schutz vor Fressfeinden, während sie sich gleichzeitig an die neue Umgebung anpassen können. Die Kisten wurden tief in den Totholzhaufen vergraben, um optimale klimatische Bedingungen für die Entwicklung der Larven zu gewährleisten. Da die Kisten aus unbehandeltem Laubholz bestehen, werden sie sich im Laufe der Zeit zersetzen und den kommenden Käfergenerationen als zusätzliche Nahrungsquelle dienen.
Nashornkäfer (Oryctes nasicornis)

Ein hoffnungsvoller Ausblick

In den kommenden Wochen werden sich die Larven verpuppen und sich innerhalb von etwa drei Wochen zu fertigen Käfern entwickeln. Diese werden über den Winter inaktiv im Substrat verbleiben, bevor sie im Mai 2025 an die Oberfläche kommen, sich verpaaren und die nächste Generation von Nashornkäfern in die Welt setzen. Mit etwas Glück werden diese Käfer die ersten wilden Nashornkäfer in Bern seit einem Jahrhundert sein.

Der Kanton Bern hat spezifische Aktionspläne für den Schutz der Totholzkäferarten, darunter Nashornkäfer, Hirschkäfer und Marmorierter Rosenkäfer, verabschiedet. Der Tierpark Bern und Stadtgrün Bern sind stolze Partner bei der Umsetzung dieser Pläne, die den Erhalt und die Wiederansiedlung dieser faszinierenden Käferarten zum Ziel haben.

Dieses Projekt stellt einen bedeutenden Fortschritt im Naturschutz dar, und wir sprechen allen Beteiligten unseren herzlichen Dank für ihr engagiertes Mitwirken aus.