
Louis William Gabus: Das Vermächtnis eines Tierfreundes
Der Tierpark Bern ist heute ein fester Bestandteil des städtischen Lebens und ein beliebtes Naherholungsziel. Doch hinter seiner Entstehung steht eine Geschichte voller Engagement und Visionen, die eng mit dem Namen Louis William Gabus verbunden ist. Dieser Beitrag erzählt, wie ein Uhrmacher und Tierfreund aus Le Locle im Kanton Neuenburg in der Schweiz mit seinem grosszügigen Vermächtnis die Gründung des Tierpark Dählhölzli in Bern entscheidend beeinflusste.
Louis William Gabus: Uhrmacher, Tierfreund, Visionär und Wohltäter
Louis William Gabus (6. Mai 1847 bis 14. März 1901) war weit mehr als ein erfolgreicher Uhrmacher und Unternehmer – er war ein Mann mit einer Vision, deren Auswirkungen bis heute spürbar sind. Geboren am 6. Mai 1847 in Le Locle, Schweiz, wuchs er als Sohn des Uhrmachers Louis Gabus und seiner Frau Louise Jeanneret-Gris in einer Familie auf, die für Präzision und Handwerkskunst stand. Inspiriert durch das Talent seines Vaters übernahm er früh dessen Wissen und führte die Familientradition fort.
Bereits mit 20 Jahren gründete Gabus seine eigene Uhrenfirma, die sich schnell einen Namen machte. Im Jahr 1868 erweiterte er seine Geschäfte ins Russische Reich, wo er das Unternehmen V. Gabus ins Leben rief. Mit seiner Boutique in der prestigeträchtigen Nikolskaya-Strasse 15 in Moskau avancierte er zu einem der führenden Uhrmacher und Händler Russlands. Seine Uhren, bestückt mit Edelsteinen und verziert mit kunstvoller Emailmalerei, waren nicht nur präzise Zeitmesser, sondern auch Kunstwerke. Er belieferte Ministerien und Abteilungen mit seinen luxuriösen Kreationen, während seine Familie in Moskau bedeutende Immobilien besass.
Doch Louis William Gabus war nicht nur ein geschickter Geschäftsmann, sondern auch ein Mann mit einer tiefen Liebe zur Natur. Dieses Interesse sollte ein zentrales Element seines Vermächtnisses werden. Im Jahr 1900 hinterliess er der Stadt Bern ein Legat von 150.000 Franken mit dem Wunsch, einen zoologischen Garten zu errichten – idealerweise im Dählhölzli, einem malerischen Waldgebiet. Dieses grosszügige Vermächtnis stiess zunächst auf rechtliche und logistische Herausforderungen, wurde jedoch 1903 freigegeben und bildete den Grundstein für den späteren Tierpark Bern.
Die Verwirklichung seiner Vision nahm Zeit in Anspruch. Erst nach der Gründung des Natur- und Tierparkvereins Bern im Jahr 1930 kam neuer Schwung in das Projekt. Der Tierparkverein setzte sich aktiv für die Realisierung des Tierparks ein, sammelte zusätzliche Mittel und engagierte sich in der Planung und Umsetzung. Die Kombination aus dem Gabus-Legat und dem Engagement des Tierparkvereins führte schliesslich zur Eröffnung des Tierparks Dählhölzli am 5. Juni 1937. Das Legat von Gabus deckte einen erheblichen Teil der Baukosten ab, während der Tierparkverein durch seine Aktivitäten und Spendenaktionen die restlichen notwendigen Mittel beschaffte. Diese Zusammenarbeit zwischen dem Gabus-Legat und dem Natur- und Tierparkverein Bern war entscheidend für die erfolgreiche Realisierung des Tierparks.
Während Louis William Gabus mit seinem grosszügigen Legat die Grundlage für die Gründung des Tierparks Bern legte, war es Hermann Frey, der diese Vision mit unermüdlichem Einsatz in die Realität überführte. Frey, ein leidenschaftlicher Tierfreund und engagierter Gemeinschaftsdenker, gründete 1930 den Natur- und Tierparkverein Bern. Unter seiner Führung wuchs der Verein schnell und sammelte erfolgreich Mittel für den Bau des Tierparks.
Frey’s Engagement, kreative Aktionen und diplomatisches Geschick ermöglichten es, die Pläne für den Tierpark trotz anfänglicher Widerstände umzusetzen. Dank seines Einsatzes wurde die Vision von Gabus schliesslich Wirklichkeit, als 1937 der Tierpark Dählhölzli eröffnet wurde. Hermann Frey gilt daher als eine der zentralen Persönlichkeiten in der Geschichte des Tierparks, der durch die Zusammenarbeit dieser beiden Visionäre geprägt wurde.
Eine Abstimmung im Dezember 1935 ebnete schliesslich den Weg, und am 5. Juni 1937 wurde der Tierpark eröffnet. Ein grosser Teil der Baukosten – 553.000 Franken – wurde durch das Gabus-Legat gedeckt.
Louis William Gabus starb 1901, doch sein Vermächtnis lebt weiter. Gemeinsam mit dem unermüdlichen Einsatz von Hermann Frey, der die Vision von Gabus in die Realität umsetzte, wurde der Tierpark Bern zu einem beliebten Ort der Begegnung zwischen Mensch und Tier.

Historisches Dokument – Zeugnis von Louis William Gabus
Im Jahr 1899 erhielt Louis William Gabus eine offizielle Bescheinigung, ausgestellt vom örtlichen Polizeibeamten, der die Territorialpolizeistation in Moskau leitete. Dieses Dokument bestätigte die Identität von Gabus sowie seinen Wohnsitz in der Nikolskaya-Strasse Nr. 15, wo sich auch seine renommierte Uhrmacher-Boutique befand.
Die Bescheinigung diente als Nachweis, dass gegen Gabus keine Reiseverbote vorlagen und dass er keine ausstehenden Forderungen privater Gläubiger oder Auflagen von staatlichen Behörden zu erfüllen hatte. Solche Zertifikate waren zu dieser Zeit sowohl für Bürger des Russischen Reiches als auch für ausländische Staatsangehörige wie Louis William Gabus obligatorisch, um sich rechtlich abzusichern.
Historisches Dokument – Ausländischer Pass von Louis William Gabus
Im Jahr 1897 erhielt Louis William Gabus einen ausländischen Pass, ausgestellt vom Büro des Moskauer Generalgouverneurs, unter der Leitung von Grossfürst Sergej Alexandrowitsch Romanow. Dieses Dokument war für Gabus, wie für alle ausländischen Staatsangehörigen und Bürger des Russischen Reiches, notwendig, um Reisen ins Ausland zu unternehmen.
Die Ausstellung des Passes entsprach den Anforderungen der damaligen Passcharta, die besagte: „Ein Ausländer, der ins Ausland geht, muss sich persönlich im Amt des Gouverneurs melden, um einen ausländischen Pass entgegenzunehmen, und ohne schriftliche Aufforderung einen Pass vorlegen, der seinen Wohnsitz im Imperium bestätigt.“ Gabus erfüllte diese Vorgaben als in Moskau ansässiger Unternehmer und prominenter Vertreter der internationalen Uhrmacherkunst.


Leben in der Schweiz – Schloss Worb
Das Schloss Worb, erbaut im Jahr 1143 von Herzog Konrad II., ist ein bedeutendes historisches Wahrzeichen in der Stadt Worb im Kanton Bern. Ursprünglich als Festung mit Ritterhaus errichtet, hat das Schloss im Laufe der Jahrhunderte zahlreiche Besitzer und Nutzungen erlebt, bevor es im Jahr 1899 in den Besitz von Louis William Gabus überging.
Louis William Gabus, ein erfolgreicher Uhrmacher und Unternehmer, erwarb das Schloss von der Familie des früheren Eigentümers Karl Friedrich von Humans. Obwohl er seine letzten Lebensjahre in diesem beeindruckenden Anwesen verbrachte, verlor er nie seine Leidenschaft für die Uhrmacherei. Gemeinsam mit seinem Bruder Henri Gabus widmete er sich weiterhin der Entwicklung der Gabus Frere-Fabrik, die hochwertige Uhrengehäuse produzierte.
Heute gilt das Schloss Worb als Kulturgut von nationaler Bedeutung in der Schweiz und bleibt ein lebendiges Zeugnis seiner wechselvollen Geschichte. Die Verbindung von Louis William Gabus mit diesem historischen Ort fügt eine faszinierende Facette zu seinem Vermächtnis als visionärer Uhrmacher und engagierter Unternehmer hinzu.

Die glanzvolle Geschichte der V. Gabus-Boutique in der Nikolskaya-Strasse
Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert war die Nikolskaya-Strasse im Herzen Moskaus eine lebendige Mischung aus Kultur, Handel und Luxus. Zu dieser Zeit galt die Straße als ein Ort, an dem sich die Elite der Gesellschaft traf, und die prestigeträchtige Adresse Nikolskaya-Strasse 15 beherbergte eine der herausragendsten Boutiquen Moskaus: die V. Gabus-Boutique.
Eine Geschichte von Handwerkskunst und Exzellenz
Gegründet 1868 von Louis William Gabus, war die Boutique nicht nur ein Geschäft, sondern eine Institution, die den Zeitgeist der damaligen Gesellschaft widerspiegelte. Gabus brachte die Traditionen schweizerischer Uhrmacherkunst nach Moskau und verband sie mit russischem Geschmack und Luxus. Die Marke erlangte schnell einen herausragenden Ruf für ihre hochwertigen Uhren, exquisiten Schmuckstücke und luxuriösen Accessoires.
Die Boutique war bekannt für ihre aussergewöhnliche Auswahl: von Taschenuhren, Wand- und Tischuhren bis hin zu kostbaren Schmuckstücken und feinen optischen Artikeln. Jedes Stück wurde mit grösster Sorgfalt und Präzision gefertigt, oft in der hauseigenen Werkstatt, in der erfahrene Handwerker arbeiteten.
Ein Sortiment, das Massstäbe setzte
Die V. Gabus-Boutique bot eine aussergewöhnliche Kollektion an Produkten, die sowohl die Bedürfnisse des Alltags als auch den Wunsch nach Luxus bedienten.
Nickel- und Stahluhren
Die Uhren von V. Gabus waren für ihre Langlebigkeit und Präzision bekannt. Herrenmodelle aus Nickel und Stahl, die bereits ab 4 Rubel 50 Kopeken erhältlich waren, boten ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis. Für anspruchsvollere Kunden gab es geschlossene Stahl-Chronographen, die bis zu 35 Rubel kosteten. Diese Uhren waren nicht nur funktional, sondern auch stilvoll und zeitlos.
Gold- und Silberuhren
Die goldenen und silbernen Uhren der Boutique waren ein Inbegriff von Luxus. Mit Preisen ab 38 Rubel für schlichte Modelle bis hin zu 400 Rubel für kunstvolle Stücke mit Funktionen wie Repetition oder Chronographen waren sie begehrte Objekte der Elite. Besonders die Damenmodelle, verziert mit Emaille, Gravuren und Edelsteinen, waren kleine Kunstwerke und galten als Ausdruck von Eleganz und Raffinesse.
Tisch- und Wanduhren
Für das gehobene Interieur bot V. Gabus eine Auswahl an kunstvollen Tisch- und Wanduhren. Gefertigt aus edlen Materialien wie Metall, Marmor und Onyx, vereinten sie Ästhetik und Funktionalität. Die beliebten Regulatoren und runden Wanduhren, die bereits ab 12 Rubel erhältlich waren, galten als Meisterwerke der Zeitmessung und waren in vielen Moskauer Haushalten ein Statussymbol.
Wecker
Auch die funktionaleren Wecker der Boutique waren bekannt für ihre Qualität und stilvolle Gestaltung. Mit Systemen aus Frankreich, Amerika oder Deutschland und Preisen ab 2 Rubel 25 Kopeken boten sie eine exzellente Kombination aus Praktikabilität und Ästhetik.
Exquisite Schmuckstücke und luxuriöse Accessoires
Neben den Uhren war die Boutique berühmt für ihre Auswahl an hochwertigem Schmuck und Accessoires. Dazu gehörten: Goldene Broschen, Ringe, Medaillons und Manschettenknöpfe, die für besondere Anlässe entworfen wurden. Vergoldetes Silberbesteck, das von kleinen Teelöffeln bis hin zu kompletten Tischsets reichte. Optische Artikel wie Brillen, Monokel und Theaterferngläser der renommierten Pariser Marke „Lambit“. Besonders beliebt war Schmuck mit Monatssteinen, die nach alter Tradition Glück und Wohlstand symbolisierten. Jedes Schmuckstück erzählte eine Geschichte, sei es der Granat im Januar, der für Beständigkeit stand, oder der Smaragd im Mai, der Liebe und Trost symbolisierte.
Eine Boutique für die Elite Moskaus
Die V. Gabus-Boutique war nicht nur ein Geschäft, sondern ein gesellschaftlicher Treffpunkt. Kunden aus den höchsten Kreisen der Gesellschaft – von Aristokraten bis zu wohlhabenden Kaufleuten – kamen hierher, um exklusive Stücke zu erwerben oder individuelle Sonderanfertigungen in Auftrag zu geben. Die Kombination aus exquisitem Design, exzellenter Handwerkskunst und einem Hauch internationaler Eleganz machte die Boutique zu einem unverzichtbaren Teil des kulturellen und sozialen Lebens Moskaus.
Innovation und Exzellenz: Markenzeichen von „В. Габю“
Ab den 1890er-Jahren trugen die Uhren des Handelshauses eine Registrierungsnummer (2291) und das Markenzeichen „В. Габю“, zertifiziert von der Moskauer Kontrollbehörde. Diese Kennzeichnung wurde zum Symbol für höchste Qualität und Präzision.
Die Schaufenster des Handelshauses waren legendär: mit rotem und schwarzem Samt, Perlenketten, leuchtenden Uhren und Lichteffekten gestaltet, zogen sie zahlreiche Moskauer an. Abends verwandelten sie sich in wahre Publikumsmagnete, die das Geschäft zu einem gesellschaftlichen Treffpunkt machten.
Innerhalb weniger Jahre wurde es zu einem der drei grössten Uhren- und Schmuckhäuser Russlands, zusammen mit den renommierten Marken Paul Buhre und Henry Moser & Cie. Um sich besser in die russische Geschäftswelt zu integrieren, russifizierte er seinen Namen – aus William Gabus wurde Виктор Габю (Viktor Gabus), ein Name, der bald für Eleganz, Präzision und Luxus stand. Es war eine übliche Praxis für Ausländer in Russland, ihre Namen an die lokale Sprache und Kultur anzupassen, besonders wenn sie Geschäftsleute waren, die mit der russischen Elite und Gesellschaft interagierten. Gabus’ Geschäft florierte, und bereits mit 30 Jahren zählte er zu den wohlhabendsten Unternehmern des Landes, mit bedeutendem Immobilienbesitz sowohl in Moskau als auch in der Schweiz.
Innovation und Partnerschaften
Louis William Gabus war nicht nur ein Unternehmer, sondern auch ein Visionär. Die Boutique arbeitete mit den besten Uhrmachern Europas zusammen, darunter auch renommierte Marken wie Patek Philippe. Diese Kooperationen ermöglichten es, eine aussergewöhnliche Qualität und Vielfalt im Sortiment anzubieten. Gleichzeitig legte Gabus grossen Wert darauf, in seiner eigenen Werkstatt innovative Designs und Technologien zu entwickeln.
Ein globaler Einfluss: Die Berna Watch Company
Louis William Gabus beschränkte sich nicht nur auf den russischen Markt. Gemeinsam mit seinem Bruder Henri Gabus gründete er in der Schweiz die Berna Watch Company, die weltweit Anerkennung fand. Die Produkte der Fabrik wurden bei internationalen Ausstellungen mit höchsten Auszeichnungen geehrt:
1893 in Chicago,
1900 in Paris,
1906 in Mailand.
Das Ende einer glanzvollen Ära
Nach dem Tod von Louis William Gabus im Jahr 1901 in Locarno, Schweiz, an einem Hirnschlag, übernahm seine Ehefrau Elena Gabus die Leitung des erfolgreichen Unternehmens. Doch die politischen und gesellschaftlichen Umbrüche des frühen 20. Jahrhunderts, insbesondere die Russische Revolution von 1917, veränderten das Gesicht der einst prächtigen Nikolskaya-Strasse in Moskau grundlegend. Viele der renommierten Geschäfte, darunter auch die berühmte V. Gabus-Boutique, konnten diesen tiefgreifenden Veränderungen nicht standhalten. Die einst glanzvolle Ära des Handelshauses „V. Gabus – Russische Schreibweise: В. Габю“ fand damit ein jähes Ende. Die Revolution und der wirtschaftliche Umbruch führten dazu, dass die einst florierende Handelsstrasse, die für Luxus und Eleganz stand, ihren Charakter veränderte. Doch obwohl die Türen der V. Gabus-Boutique geschlossen wurden, lebt ihre Erinnerung weiter.
Die exquisiten Produkte und die herausragende Handwerkskunst, für die Louis William Gabus und sein Team bekannt waren, bleiben ein bedeutendes Kapitel in der Geschichte der Nikolskaya-Strasse. Die Boutique war nicht nur ein Ort des Handels, sondern ein Symbol für Präzision, Luxus und kulturelle Raffinesse – Werte, die noch heute bewundert werden.

Nikolskaya heute – eine Strasse mit lebendigem Erbe
Heute ist die Nikolskaya-Strasse eine belebte Fussgängerzone, die Historie und Moderne auf beeindruckende Weise vereint. Die prächtigen historischen Gebäude, die einst Boutiquen wie V. Gabus beherbergten, sind liebevoll restauriert worden und dienen nun als Heimat für elegante Geschäfte, Cafés und Restaurants. Besucher und Einheimische geniessen die einzigartige Atmosphäre, die diese Strasse zu einem pulsierenden Zentrum des städtischen Lebens macht.
Obwohl die V. Gabus-Boutique selbst nicht mehr existiert, erinnert die Strasse an eine glanzvolle Ära, in der Louis William Gabus und seine exquisiten Uhren zu einem Symbol für Exzellenz und Luxus wurden. Die Nikolskaya-Strasse bleibt ein Ort, der Geschichten von Erfolg, Kunstfertigkeit und der Fähigkeit erzählt, sich immer wieder neu zu erfinden.
Ein Erbe von Perfektion und Eleganz
Die Geschichte der V. Gabus-Boutique ist nicht nur ein fesselnder Einblick in die Vergangenheit, sondern auch ein bleibendes Zeugnis für die Bedeutung von Handwerkskunst, Präzision und Stil. Die Marke steht stellvertretend für das goldene Zeitalter der Nikolskaya-Strasse, als diese ein Zentrum für Luxus, Kultur und gesellschaftliche Begegnungen war.
Auch wenn die Boutique längst der Vergangenheit angehört, bleibt ihr Geist in der Nikolskaya-Strasse spürbar. In den restaurierten Fassaden und der lebendigen Atmosphäre zeigt sich der Wandel der Zeit, während die Geschichten von Orten wie der V. Gabus-Boutique die Vergangenheit lebendig halten und uns an den Glanz einer längst vergangenen Ära erinnern.
Die Bedeutung des „V“ im Namen V. Gabus
Der Name V. Gabus, unter dem die renommierte Uhrmacher-Boutique in Moskau firmierte, trägt eine interessante historische Note. Das „V“ steht für den Vornamen William (in der französischen Schreibweise Louis William Gabus), den Gründer des Unternehmens.In Russland war es zu jener Zeit üblich, den Anfangsbuchstaben des Vornamens einer Person vor den Nachnamen zu setzen, insbesondere bei Geschäftsnamen und offiziellen Dokumenten. Diese Tradition spiegelt nicht nur die kulturelle Verbindung zwischen dem Unternehmen und seiner russischen Kundschaft wider, sondern unterstreicht auch die internationale Herkunft und Exklusivität der Marke.Mit seinem Namen wurde die Marke V. Gabus zu einem Synonym für Präzision, Qualität und handwerkliche Meisterschaft – Eigenschaften, die bis heute mit Louis William Gabus und seiner aussergewöhnlichen Arbeit in Verbindung gebracht werden.Aufenthalts- und Umzugskarte von Louis William Gabus
Im Jahr 1886, zu einer Zeit, als das Russische Kaiserreich von strenger Bürokratie und formellen Regularien geprägt war, erhielt Louis William Gabus, ein Schweizer Staatsbürger und visionärer Gründer der renommierten V. Gabus-Boutique, ein aussergewöhnliches Dokument: seine Aufenthalts- und Umzugskarte. Ausgestellt vom Büro des Moskauer Generalgouverneurs, das damals unter der Leitung von Fürst Wladimir Andrejewitsch Dolgorukow stand, öffnete diese Karte ihm die Türen für ein legales Leben und Reisen innerhalb der Grenzen des Russischen Reiches. Doch das Ticket war mehr als nur ein Verwaltungsdokument – es ist ein faszinierendes Stück persönlicher und politischer Geschichte.
Das Dokument war streng reguliert: Es war nur ein Jahr gültig und musste pünktlich verlängert werden, um Bussgelder oder rechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Es zeigt, wie umfassend und präzise das Zarenreich die Bewegungsfreiheit von Ausländern kontrollierte, und gibt uns heute einen tiefen Einblick in die Funktionsweise der vorrevolutionären Bürokratie.
Ein bemerkenswertes Detail macht diese Karte besonders aussergewöhnlich: die fehlenden persönlichen Merkmale. Interessanterweise wurden die Felder für Angaben wie Grösse, Haarfarbe oder Augenfarbe vollständig leer gelassen – eine ungewöhnliche Abweichung, da solche Informationen in vergleichbaren Dokumenten jener Zeit üblicherweise akribisch ausgefüllt wurden. Warum diese Details fehlen, bleibt ein Rätsel. Möglicherweise deutet dies auf den besonderen Status von Louis William Gabus hin – oder vielleicht auf die Eile, mit der das Dokument ausgestellt wurde. Heute wird dieses seltene und faszinierende historische Artefakt im Zentralen Historischen Archiv Moskau aufbewahrt.
Aufenthaltsticket von Elena Gabus
Im Jahr 1894 erhielt Elena Gabus, die Ehefrau von Louis William Gabus, ein offizielles Aufenthaltsticket, das vom Büro des Moskauer Generalgouverneurs ausgestellt wurde. Dieses Büro wurde von Großfürst Sergej Alexandrowitsch Romanow geleitet. Das Ticket war nach den vorrevolutionären Gesetzen erforderlich, um die legale Präsenz und Bewegungsfreiheit von ausländischen Staatsbürgern innerhalb des Russischen Kaiserreichs zu gewährleisten. Es hatte eine Gültigkeitsdauer von einem Jahr und musste rechtzeitig erneuert werden, um eine Strafe für nicht gemeldete Aufenthalte oder verspätete Verlängerungen zu vermeiden.
Das Aufenthaltsticket enthält eine detaillierte Beschreibung von Elena Gabus: Sie wird als etwa 142 cm gross beschrieben, mit hellbraunen Haaren, braunen Augen und einem ovalen Gesicht. Diese Angaben spiegeln die damals übliche Praxis wider, persönliche Merkmale akribisch in offiziellen Dokumenten festzuhalten. Besonders bemerkenswert ist, dass das Ticket ihre persönliche Unterschrift trägt – ein seltenes Detail, das dem Dokument zusätzliche historische Bedeutung verleiht.
Dieses historische Artefakt dokumentiert ausserdem die strengen bürokratischen Anforderungen, denen ausländische Besucher im Russischen Kaiserreich unterworfen waren. Das Originaldokument, das im Zentralen Historischen Archiv Moskau aufbewahrt wird, gibt einen einzigartigen Einblick in das Leben und die rechtlichen Rahmenbedingungen für ausländische Bürger wie Elena Gabus im späten 19. Jahrhundert. Es zeigt, wie wichtig offizielle Genehmigungen für Reisen und Aufenthalte in dieser Epoche waren.
Das Aufenthaltsticket von Elena Gabus ist nicht nur ein Verwaltungsdokument, sondern ein Zeugnis der damaligen Zeit, das sowohl die strenge Gesetzgebung als auch die persönliche Geschichte einer Frau auf Reisen durch das Russländische Reich erzählt. Es verbindet historische Bürokratie mit individuellen Schicksalen und ist somit ein seltenes Relikt der Mobilität und staatlichen Kontrolle im späten 19. Jahrhundert.


Ein Blick in die historische Preisliste von V. Gabus
Fotos: Die Preisliste von V. Gabus, datiert auf das späte 19. und frühe 20. Jahrhundert, bietet faszinierende Einblicke in die exklusiven Zeitmesser dieser Ära. Eine goldene Uhr mit Minutenrepetition war damals für 150 königliche Rubel erhältlich, während eine Uhr mit ewigem Kalender oder Selbstschlag 400 königliche Rubel kostete. Umgerechnet auf heutige Werte entspräche dies etwa 195.000 Rubel (ca. 2.050 Schweizer Franken) für die Minutenrepetition und rund 512.000 Rubel (ca. 5.380 Schweizer Franken) für die komplexeren Modelle.



Historische Postkarten: Einblicke in die Welt der V. Gabus-Boutique
Postkarte an die Gabus-Boutique in Moskau Abgesendet aus Stockholm, Schweden, am 9. Dezember 1910
Foto: Russisches Staatsarchiv Alter Akten
Alexander Petrowitsch Chernyshov war der Leiter der V. Gabus-Boutique in Moskau, die im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert für ihre hochwertigen Uhren bekannt war. Er spielte eine zentrale Rolle im Betrieb der Boutique und war massgeblich für deren Erfolg verantwortlich. Seine Frau, Berta Chernyshova, arbeitete ebenfalls in der Boutique.
(Übersetzung aus dem Französischen)
„Meine lieben Freunde, ich sende euch Grüsse aus Stockholm, gutes Wetter, kein Schnee. Ich fahre heute Abend mit dem Boot nach Abo und werde am Sonntagmorgen zu Hause sein. Schön, dich wiederzusehen, Arman.“
Postkarte an die Gabus-Boutique in Moskau, abgesendet aus der Schweiz im Jahr 1913.
Foto: Russisches Staatsarchiv Alter Akten
(Übersetzung aus dem Französischen)
„Aufrichtige Wünsche für ein frohes neues Jahr.“
Postkarte an die Gabus-Boutique in Moskau, abgesendet aus der Schweiz am 27. Juni 1913.
Foto: Russisches Staatsarchiv Alter Akten
Die Postkarte zeigt die „Usine des Forces Motrices“ in Genf, eine historische Anlage, die für die Nutzung von Wasserenergie errichtet wurde. Diese Art von Kraftwerk wurde im 19. und frühen 20. Jahrhundert gebaut, um mechanische Energie und später Strom zu erzeugen.
(Übersetzung aus dem Französischen)
„Auf unserem Spaziergang denken wir an euch und senden euch unsere besten Grüsse. Aufrichtige Umarmungen von Waladia“
Postkarte an die Gabus-Boutique in Moskau, abgesendet aus Neuchâtel, Schweiz.
Foto: Russisches Staatsarchiv Alter Akten
(Übersetzung aus dem Französischen)
„Gut, dass du in Neuchâtel getan hast, wovon du mir erzählt hast. Frohe Ostern.“
Postkarte an die Gabus-Boutique in Moskau, adressiert an Frau Berta Chernyshova
Foto: Russisches Staatsarchiv Alter Akten
(Übersetzung aus dem Russischen)
Mosalsk, 18. Mai 1912
„Liebe Bertha!
Ich bin gut angekommen. Es regnet die ganze Zeit, gestern konnte ich nicht schreiben, es war zu spät, die Post war schon weg. Meiner Tante geht es schlecht. Verneige dich vor allen. Ich küsse dich.
Dein Alexander“
Erfolg im Russischen Reich
Gabus‘ Unternehmergeist führte ihn nach Russland, wo er sein Unternehmen V.GABU aufbaute. Schnell wurde die Marke bekannt für ihre Qualität und technischen Innovationen. Zu den herausragenden Merkmalen gehörten:
- Viertel- und Minutenrepetitionsmechanismen (seit 1878): Diese Mechanismen ermöglichten es, die Zeit akustisch durch Glockenschläge zu erfahren, was besonders in einer Zeit ohne elektrisches Licht von großem Nutzen war.
- Breguet-Spiralen (seit 1885): Diese verbesserten die Ganggenauigkeit der Uhren erheblich und festigten den Ruf der Marke.
- Internationale Anerkennung: Die Marke V.GABU erhielt Goldmedaillen auf Ausstellungen in Chicago (1893), Paris (1900) und Mailand (1906).
- Prestigeträchtige Zusammenarbeit: V.GABU wurde offizieller Vertreter von Patek Philippe im Russischen Reich und setzte damit einen neuen Maßstab für Uhrmacherkunst in der Region.
Die Wiedergeburt der Marke V.GABU
Im Jahr 2000 wurde die Marke V.GABU sowohl in Russland als auch in der Schweiz wiederbelebt. Die erste Uhr mit dem Namen des Gründers kam 2001 auf den Markt, gefolgt von prestigeträchtigen Kollektionen wie „Louis William Gabus“ im Vintage-Stil der 1920er Jahre. Die Marke setzt bis heute auf Schweizer Qualität und Handwerkskunst, indem sie mit renommierten Manufakturen wie Dubois Dépraz und La Jour-Perret zusammenarbeitet. Jüngste Kollektionen wie die Transmatic Big Date und die Transmatic Regulator spiegeln die Innovationskraft und das Erbe der Marke wider.
Die Meisterwerke der Uhrmacherei
Besonders hervorzuheben sind die Minutenrepetitionen von V.GABU, die auch heute noch als Meisterwerke der Uhrmacherkunst gelten. Diese Uhren konnten die genaue Zeit durch eine melodische Abfolge von Glockenschlägen anzeigen. Der Klang der historischen Repetitionsuhren ist bekanntlich klarer und voller als der moderner Uhren, was die Handwerkskunst von Gabus und seinen Uhrmachern unterstreicht.
Gedenkstein im Dählhölzli: Eine Hommage an Louis William Gabus – Begründer und Gönner des Tierpark Dählhölzli, Bern
Zum Gedenken an Louis William Gabus wurde 1937 im Dählhölzli-Wald beim Dählhölzli-Zoo in Bern ein Gedenkstein mit einem Medaillon errichtet. Dieser Stein erinnert an seinen bedeutenden Beitrag zur Entstehung des Tierparks und würdigt sein grosszügiges Engagement für die Stadt Bern.
Louis William Gabus verstarb am 14. März 1901 in Muralto, Kanton Tessin, Schweiz, nahe Locarno, im Alter von 53 Jahren an den Folgen eines Hirnschlags. Obwohl er in Locarno seine letzten Tage verbrachte, wurde er vermutlich nicht dort beigesetzt. Es wird angenommen, dass seine sterblichen Überreste ihre letzte Ruhe in der Nähe seiner Heimatstadt, in Le Locle, fanden – der Wiege der Schweizer Uhrmacherkunst, wo seine Reise als visionärer Unternehmer begann.
Der Gedenkstein im Tierpark Dählhölzli bleibt ein bleibendes Symbol für sein Lebenswerk und seine Verbundenheit mit Bern, auch wenn er an einem anderen Ort seine ewige Ruhe gefunden hat.

Die faszinierende Geschichte des Tierpark Bern
Schon 1871 begann die Vorgeschichte des heutigen Tierpark Bern, als eine Gruppe engagierter Optimisten für einen geplanten Zoo mit vorwiegend europäischen Tieren im westlichen Kirchenfeld warb. Sie gründeten den Akklimatisationsverein, den Vorläufer des heutigen Tierparkvereins Bern.
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