Eine kleine Sensation hat den Tierpark Bern ergriffen: Mitte Mai 2024 wurden zwei Karpatenluchs-Jungtiere geboren, die ersten seit 14 Jahren!
Die Geburt der Jungtiere ist nicht nur ein erfreuliches Ereignis, sondern auch von grosser Bedeutung für die genetische Auffrischung der wildlebenden Luchspopulation.
Foto: Tierpark Bern
Die Elterntiere, die im Februar 2023 im Tierpark Bern zusammengeführt wurden, haben wertvolle Gene.
Das Zuchtweibchen ist 12 Jahre alt und stammt aus dem Zoo Ostrava, wo sie bereits zwölf Jungtiere zur Welt gebracht hat. Das sechsjährige Zuchtmännchen kam ebenfalls im letzten Jahr dazu. Von Anfang an haben sich die beiden gut verstanden, was sich jetzt als Glücksfall erweist.
Die Luchse leben in einer rund 2000 m² grossen, naturnah gestalteten Anlage im Tierpark Bern. Diese bietet nicht nur reichhaltige Strukturen wie hohle Baumstämme und Asthaufen, sondern erfüllt auch alle Auflagen für eine erfolgreiche Auswilderungszucht. Das Weibchen hat ihre Jungen zunächst in einem hohlen Baumstamm zur Welt gebracht und dort gesäugt. Wegen des regnerischen Wetters und des feuchten Baumstamms zog sie die Kleinen später in einen Unterstand mit einem Strohbett um. Schliesslich wählte sie einen grossen Asthaufen als neuen Unterschlupf.
Foto: Tierpark Bern
Das Zuchtweibchen kam 2023 aus dem Zoo Ostrava und bringt nun im Tierpark Bern die Jungtiere Nummer 13 und 14 zur Welt.
Ihre Erfahrung zeigt sich in der guten Fürsorge und Verteidigung ihrer Jungen. Das Männchen darf den Jungtieren nicht zu nahekommen, da Luchse Einzelgänger sind und die Jungen ausschliesslich von der Mutter betreut werden. Ab einem Alter von vier Wochen beginnen die Jungen, auch an den Beutetieren der Mutter mitzufressen und bleiben in der Regel bis zum nächsten Winter bei ihr.
In der freien Wildbahn leiden Luchse unter genetischer Verarmung. Zur Bekämpfung dieses Problems wurde die Expertengruppe „Linking Lynx“ gegründet. Das Ziel ist es, eine lebensfähige, genetisch diverse Population des Karpatenluchses von den Karpaten bis zum Jura, den Westalpen und dem Dinarischen Gebirge zu etablieren. Dies soll durch die Umsiedlung von Luchsen aus der Natur und die Auswilderung von in Zoos gezüchteten Luchsen erreicht werden. Mehrere Projekte zur Wiederansiedlung sind bereits im Gange oder in Planung.
Seit Anfang 2022 führt Dina Gebhardt, Kuratorin im Tierpark Bern, das Zuchtbuch des Eurasischen Luchses. Seit April 2024 ist es ein offizielles EAZA Ex-Situ-Programm (EEP) mit einem Long-Term-Management-Plan (LTMP) und einem Beratungsgremium von Experten aus anderen EAZA-Institutionen.
Foto: Beatrix Werder
Im Herbst, wenn die beiden kleinen Luchse zwischen acht und zehn Monate alt sind, werden sie einem strengen Verhaltenstest unterzogen.
Die Ergebnisse dieses Tests sowie die Gesundheit der Jungtiere entscheiden darüber, ob sie sich für ein Auswilderungsprojekt in Deutschland eignen und ausgewildert werden können.