Nisthilfen für Wildbienen

Nisthilfen für Wildbienen – Vielfalt auf leisen Flügeln

Still, fast unbemerkt, arbeiten sie in Gärten, auf Wiesen, Balkonen und Waldrändern: Wildbienen. Sie sind oft nur wenige Millimeter gross, fliegen lautlos von Blüte zu Blüte und verrichten dabei eine Aufgabe von unschätzbarem Wert – die Bestäubung. Ohne Wildbienen wären viele Wild- und Nutzpflanzen nicht überlebensfähig. Doch obwohl sie so entscheidend für unser Ökosystem sind, stehen über die Hälfte der rund 600 in der Schweiz vorkommenden Wildbienenarten auf der Roten Liste. Sie sind gefährdet, manche sogar vom Aussterben bedroht.

Die Ursachen dafür sind vielfältig: Verlust von naturnahen Lebensräumen, Monokulturen, Einsatz von Pestiziden – und ganz zentral: das Fehlen geeigneter Nistplätze. Denn im Gegensatz zur Honigbiene leben Wildbienen fast alle solitär, also einzeln. Sie bauen keine Völker, keine Waben, keine grossen Bienenstöcke. Stattdessen nisten sie in engen Gängen im Boden, in hohlen Pflanzenstängeln, in alten Käferfrassgängen oder in leeren Schneckenhäusern. Solche Strukturen sind in unserer aufgeräumten Landschaft jedoch rar geworden.

Hier kommen Nisthilfen ins Spiel. Mit durchdachten, naturnahen Nistmöglichkeiten können wir Wildbienen in Gärten, auf Balkonen oder in öffentlichen Grünanlagen ein Zuhause bieten – nicht als Ersatz für natürliche Lebensräume, sondern als sinnvolle Ergänzung. Eine Nisthilfe ist gewissermassen ein Baustein im Mosaik des Wildbienenschutzes.

Doch Nisthilfe ist nicht gleich Nisthilfe. Viele der im Handel erhältlichen „Insektenhotels“ sehen dekorativ aus, sind jedoch aus ungeeigneten Materialien gebaut oder schlicht falsch konzipiert. Sie enthalten oft Weichholz mit faserigen Bohrungen, schlecht verarbeitete Bambusröhrchen oder offene Rückseiten – alles Faktoren, die dafür sorgen, dass Wildbienen die angebotenen Nistplätze meiden oder der Nachwuchs darin nicht überlebt. Im schlimmsten Fall können falsch gebaute Nisthilfen sogar zur Todesfalle werden: durch Schimmel, Risse oder den ungehinderten Zugang für Fressfeinde.

Foto: Nisthilfen bieten die seltene Gelegenheit, Wildbienen aus nächster Nähe zu beobachten und besser kennenzulernen

Eine gute Nisthilfe hingegen erfüllt mehrere zentrale Kriterien:

  • Materialwahl: Am besten geeignet sind harte, gut abgelagerte Hölzer wie Esche oder Buche. Bohrungen sollten ins Längsholz erfolgen, nicht ins Hirnholz, da letzteres zu Rissbildung neigt.

  • Glatt gebohrte Gänge: Die Innenwände der Röhrchen oder Bohrlöcher müssen sauber und splitterfrei sein, sonst verletzen sich die Bienen oder meiden die Gänge.

  • Tiefe und Durchmesser: Bohrlöcher und Röhrchen sollten zwischen 3 und 8 Millimeter Durchmesser haben und mindestens 10–12 Zentimeter tief sein.

  • Verschlossene Rückseite: Wildbienen nehmen nur Nistgänge an, die hinten geschlossen sind. Durchgängige Röhrchen oder durchbohrte Hölzer sind unbrauchbar.

  • Regenschutz und fester Stand: Die Nisthilfe sollte an einem sonnigen, wind- und regengeschützten Ort befestigt sein – nicht baumelnd und nicht bodennah.

Ist all dies erfüllt, können sich schon bald erste Bewohner einfinden: Mauerbienen, Löcherbienen, Maskenbienen oder Blattschneiderbienen. Sie fliegen die Nistgänge an, bringen Pollen und Nektar als Futter für ihren Nachwuchs ein, legen ein Ei und verschliessen den Gang – oft kunstvoll mit Lehm, Harz oder Blattstückchen. Ein Jahr später schlüpft eine neue Generation, bereit, die wichtige Bestäubungsarbeit fortzusetzen.

Doch so wertvoll Nisthilfen auch sind – sie allein reichen nicht aus. Wildbienen brauchen auch ein vielfältiges Blütenangebot über das ganze Jahr hinweg. Besonders wichtig sind einheimische Wildstauden, ungefüllte Blüten und strukturreiche Lebensräume. Auch offene Bodenstellen für grabende Arten und der Verzicht auf Pestizide leisten einen entscheidenden Beitrag zum Schutz dieser faszinierenden Tiere.

Wer Nisthilfen aufstellt, tut nicht nur etwas für die Natur, sondern schafft auch eine einzigartige Gelegenheit zur Beobachtung. Das Ein- und Ausfliegen der Bienen, ihr emsiges Treiben, das Verschliessen der Nistgänge – all das lässt sich aus nächster Nähe erleben. Für Kinder und Erwachsene gleichermassen ist es ein faszinierender Zugang zur Welt der Insekten.

Wildbienenschutz beginnt im Kleinen. Mit etwas Wissen, dem richtigen Material und einem offenen Blick für die Bedürfnisse dieser bedrohten Bestäuber lässt sich viel bewirken. Eine Nisthilfe ist mehr als nur ein „Insektenhotel“ – sie ist ein aktiver Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt.

Foto: Rote Mauerbiene

Wildbienen in Bern

Tatsächlich sind in der Schweiz über 600 Wildbienenarten bekannt – ein Schatz der Biodiversität, der in weiten Teilen gefährdet ist. Mehr als die Hälfte dieser Arten stehen auf der Roten Liste. Auch in Bern ist die Vielfalt bedroht, doch gleichzeitig birgt die Stadt auch Chancen. Denn entgegen vieler Erwartungen finden Wildbienen in urbanen Gebieten oft bessere Bedingungen als auf dem Land. Dort, wo Blumenbeete gepflegt, Balkone bepflanzt und öffentliche Flächen naturnah gestaltet sind, entstehen wertvolle Nischen. Blütenreiche Parks, grüne Dächer, wilde Gärten oder unversiegelte Randstreifen bieten Nahrung und Unterschlupf – manchmal mehr als man ihnen ansieht.

Wer genau hinschaut, kann in Bern viele unterschiedliche Arten beobachten. Die Gehörnte Mauerbiene etwa fliegt schon an den ersten warmen Frühlingstagen und nimmt gerne künstliche Nisthilfen an. Die Rostrote Mauerbiene ist etwas später unterwegs, während Blattschneiderbienen Blattstücke mit beeindruckender Präzision ausschneiden, um damit ihre Brutzellen auszustatten. Daneben gibt es Maskenbienen, die so winzig sind, dass sie leicht übersehen werden, oder Sandbienen, die kleine Löcher in offene Bodenstellen graben und dort ihre Nester anlegen. Jede Art hat ihre eigene Strategie, ihre eigenen Ansprüche – und ihre eigene Rolle im grossen Netz des Lebens.

Doch Wildbienen brauchen mehr als nur einen Nistplatz. Ohne ein passendes Blütenangebot, ohne ungestörte Bereiche, ohne ausreichend Strukturvielfalt im Raum um ihre Nester herum, können sie nicht überleben. Der Schutz von Wildbienen beginnt deshalb nicht erst bei der Nisthilfe, sondern bei der Gestaltung unserer Umgebung. Ein Garten, der nicht perfekt aufgeräumt ist, eine Wiese, die erst spät gemäht wird, ein Blumentopf mit ungefüllten Blüten – all das sind kleine, aber wichtige Schritte.

Nisthilfen sollen nicht nur den Bienen helfen, sondern auch die Menschen einladen, hinzuschauen und zu staunen. Denn wer einmal beobachtet hat, wie eine winzige Biene ein Nest verschliesst, wie sie Blüten anfliegt und mit erstaunlicher Präzision ihren Weg findet, der erkennt: Diese Welt ist ebenso klein wie grossartig.

Wildbienen gehören zu Bern – sie leben mitten unter uns. Alles, was sie brauchen, ist Raum, Ruhe und Respekt. Wenn wir ihnen diesen geben, bleiben sie. Und mit ihnen ein Stück lebendige Vielfalt.

Foto: Nisthilfen ermöglichen Einblicke in das Leben von Wildbienen, ersetzen jedoch keinen umfassenden Lebensraumschutz