Die Tierpark-Steinböcke sollen am Aareufer eine grosszügigere Anlage, die sogenannten AareAlpen, erhalten. Die Tierparkkommission sowie der Gemeinderat haben das Geschäft genehmigt. Reto Nause und Bernd Schildger informierten heute über die neuesten «Facts».
Der Steinbock ist Teil der Schweizer Geschichte und gehört somit in die Bundesstadt. Im frühen 19. Jahrhundert war der Steinbock in der Schweiz ausgerottet. Trophäensammlung, Fleischgenuss und Heilsbringer in der Naturmedizin sorgten dafür, dass ab 1809 das beschämende Ergebnis feststand: Es gibt keine Steinböcke mehr in der Schweiz. 60 Jahre später, 1875, wurde das ausgerottete Tier auf Bundesebene unter Schutz gestellt. 1905 bemühte sich Bundesrat Joseph Zemp um die Lieferung von Steinböcken aus den Jagdrefugien des italienischen Königs Vittorio Emanuele III. Dieser pflegte und hegte Steinböcke im Aostatal, beschied die Anfrage des Bundesrates aber negativ. Im darauffolgenden Jahr stahl der Berufswilderer Guiseppe Bérard zwei Geissen und einen Bock in Italien und schaffte diese in den St. Galler Wildpark Peter und Paul. Er stahl diese mit kolportierter politischer Unterstützung. Die Kitze wurden dort grossgezogen und legten den Grundstein für eine gelingende Zucht, aus der 1911 die ersten Tiere im St. Galler Oberland wieder angesiedelt werden konnten. Diese Herkunft erklärt auch die enge genetische Verwandtschaft aller heute ca. 15’000 Tiere im Alpenbogen. Die Geschichte symbolisiert auch unser Verhältnis zum Wildtier: Ausrottung durch Übernutzung, Wiederansiedlung und Erhalt durch Kreativität und politische Rückendeckung.
Die älteste Anlage im Tierpark muss neu gebaut werden
Die aktuellen Anlagen für Gämse und Steinbock gehören zu den ältesten im Dählhölzli. Sie waren mehr oder weniger in der jetzigen Form bereits an der Eröffnung 1937 fertiggestellt. Der Zahn der Zeit hat in diesen 80 Jahren heftig an ihnen genagt. Grosse Steinblöcke lösen sich und rollen den Hang hinunter, der Untergrund ist von unerforschten Kavernen durchsetzt. Auch für die Tiere entsprechen die Anlagen nicht mehr den modernen Erkenntnissen zur artgemässen Haltung von Wildtieren. Insbesondere die gleichzeitige Einsehbarkeit von unten am Aareufer, sowie von oben an der Waldhangkante, verhindert, dass die Tiere adäquate Rückzugszonen besetzen können. Auch für die Menschen könnte das Erlebnis Steinbock direkter sein, als allseitig durch 4 m hohe Zäune getrennt.
Wettbewerb und Mittelsammlung
Das Siegerprojekt der Weber und Brönnimann AG entwirft auf der gesamten Strecke zwischen Biber und Bezoarziege eine grosse Alpenlandschaft. Mit hochalpiner Zone und subalpinem Wald. In der deutlich grösseren Anlage werden sich nicht nur Steinböcke und Gämsen tummeln, sondern auch Murmeltiere und die bedrohten Alpenkrähen, welche unseren Gästen einen Gesamteindruck des Lebensraums Alpen vermitteln. Auf einem Wildererpfad, der die Anlagen von unten nach oben quert, wird die oben geschilderte Geschichte des Steinbocks erlebbar gemacht. Die Hangkante zum Wald wird als Felsabriss gestaltet, aus dem die Gäste durch kleine Sichtfenster in die Anlage schauen und die Tiere gleichwohl den Rückzugsraum nutzen können. Am Aareufer werden tagsüber die Tore geöffnet und die Menschen können dem Steinbock Auge in Auge gegenüberstehen. Und natürlich ist die Sicherung des Hangs ein obligater und teurer Teil des Gesamtprojekts. Das Baugesuch wurde im April lanciert.

Die Kreditvorlage
Die Gesamtbaukosten von 4,3 Mio. Franken, und diese sind als Kostendach zu verstehen, werden vollständig durch eingeworbene Drittmittel und Eigenmittel gedeckt. In den zurückliegenden Monaten gelang es, für die Erstellung der AareAlpen viele Unterstützerinnen und Unterstützer zu gewinnen. Wir möchten hiermit allen, die uns geholfen haben, auch im Namen der Steinböcke, Danke sagen. Danke, egal, ob Sie 5 Franken aus der Taschengeldspardose oder 1 Mio. Franken, wie der Tierparkverein Bern, beigetragen haben. Gleichwohl seien hier die grossen Unterstützer genannt: Tierparkverein Bern, Gabus-Fonds, Lotteriefonds des Kantons Bern, Ernst Göhner Stiftung, Burgergemeinde Bern, Die Mobiliar, Uranus Stiftung, und Paul Schiller Stiftung. Gleichfalls eingeflossen sind frühere Rückstellungen für das Projekt Steinbock. Die Tierparkkommission hat an ihrer Sitzung am 4. Juni 2018 die Kreditvorlage zur Finanzierung der benötigten 4,3 Mio. Franken gutgeheissen und der Gemeinderat hat diese auf Antrag der Tierparkkommission zuhanden des Stadtrats verabschiedet. Gemäss Tierpark-Reglement ist nämlich der Stadtrat für Kredite ab 2,5 Mio. Franken für die Erstellung von Tieranlagen zuständig. Der finale Entscheid wird also in der Stadtratssitzung nach den Sommerferien fallen. Wir sind guter Hoffnung, dass der Stadtrat sich gerne den Empfehlungen der Tierparkkommission und des Gemeinderats anschliessen wird und wir die Anlage für den König der Alpen in der Bundesstadt erstellen dürfen.
Baubeginn wird natürlich erst nach dem positiven Bauentscheid sein können.