Die Berner Zwerge kommen :-)

Zwergseidenäffchen Bern

Ein grosses Merci an die zahlreichen Spenderinnen und Spender an der Dählhölzli-Benefizgala und auf den Gabus- Fonds! Unsere neue Anlage für die Zwergseidenäffchen – die kleinsten Affen der Welt – kann gebaut werden. Ab heute gehört die Baustelle der «Berner Zwerge» dem Bauteam.

Die kleinsten echten Affen der Welt, die Zwergseidenäffchen aus Südamerika, mit ca. 100- 140g Körpermasse wirklich leicht und mit maximal 23 cm Körperlänge einschliesslich Schwanz, werden in das Vivarium des Tierparks Bern einziehen. Cebuella pigmaea, so der lateinische Name, Nomen est omen, gehören zu den Neuweltaffen, genauer zu den Krallenaf- fen. Sie gehören, im Gegensatz zu Loris, Varis und Galagos nicht zu den Halbaffen, sondern zu den echten Affen, die mit uns Menschen gemeinsame Vorfahren eint. Im Gegensatz zu den Schimpansen, Gorillas und Orang Utans tragen ihre Finger aber keine Nägel, sondern spitze Krallen. Diese erlauben ihnen das behende Klettern auf den Urwaldriesen, wie auch das „Her- ausoperieren“ von Insekten unter der Baumrinde. Vorwiegend ernähren sich die kleinen Äff- chen aber von Baumsäften. Um an diese zu gelangen, sind sie mit nadelspitzen Zähnen aus- gestattet, die sie in die Baumrinde schlagen. Mit den grossen Unterkieferzähnen schaben sie sodann die Rinde ab und geniessen die gummihaltigen Baumsäfte. Die Baumsäfte für die Kohlenhydrate und Mineralien, die Insekten für die Proteine.

Die kleinen Affen leben in Gruppen bis max. neun Individuen zusammen und patrouillieren den ganzen Tag durch ihr Revier auf der Suche nach Nahrung und zur Verteidigung desselben. 140 Tage nach der Paarung werden die meist zweieiigen Zwillinge geboren, im besten Falle alle fünf bis sieben Monate. An der Jungenaufzucht beteiligt sich die ganze Gruppe.

Grösse und Verhalten der Affenzwerge sind der Grund, dass der Tierpark seinen Gästen die- ses Erlebnis im Vivarium ermöglichen möchte. Ähnlich wie bereits die vielen Stirnlappenbasi- lisken, Siedelweber, Turakos und Tangaren, sollen die Zwergseidenäffchen die Gelegenheit erhalten aus ihrer geplanten Anlage über eingebaute Schleusen in das Vivarium „entweichen“ zu können. Ob dies gelingt und ein Teil unserer Gäste dann vielleicht für einen kleinen Moment gar einen Affen auf dem Rücken tragen wird, wissen wir nicht. Nach Konsultation der Fachleu- te sollte es aber möglich sein.

Die Anlage selbst ist für maximal neun Affen von 100g mit 46 m2 Grundfläche und einer Höhe bis sechs Metern in das Vivariumsdach hinein, grosszügig bemessen. Sie wird ein Ausschnitt des natürlichen Lebensraumes darstellen. Dazu gehören tropische Bäume, natürlich auch die schwarze Olive mit ihren angeblich aphrodiasischen Wirkungen, Schlingpflanzen und Brome- lien. Schliesslich sollen die Äffchen die Berner Baumkronen erobern können. In diesen Bäu- men werden die Affen Schlafnester vorfinden und bei Bedarf selbst anlegen. Obligat ist auch der Urwaldbach, der sich in einen Teich ergiesst in dem die Schlangenhalsschildkröten leben werden. Den Hintergrund bildet eine Kunstfelslandschaft, die einen tropischen Uferabbruch darstellt und gleichzeitig die rückwärtige Infrastruktur beherbergt.

Entstehen wird die Anlage im Vivarium gegenüber den Krokodilen. Die Einblicke und Erlebnis- se der Gäste werden durch grosse Scheiben im Bereich der Teichanlage und durch ein feines Stahlnetz im oberen Teil gesichert.

Die Gesamtkosten betragen 500.000 Franken, im Sinne eines Kostendachs. Sie werden zu 100% aus Drittmitteln finanziert. Dass die Tierparkkommission nach weniger als einem Jahr nach Tierparkfest und Dählhölzli-Benefizgala den Baukredit sprechen konnte, verdanken wir Ihnen, den Menschen von Bern und Umgebung. Der Tierparkverein Bern hat mit 290.000 Franken den grössten Batzen zur Verfügung gestellt. Die Gäste an der Benefizgala für die Zwergseidenäffchen haben an einem Abend 104.250 Franken zur Verfügung gestellt. Und die restlichen 105.750 Franken verdanken wir den vielen Spenderinnen und Spendern zugunsten unseres Gabus Fonds. Ihnen allen bereits hier ein herzliches Dankeschön, ohne Sie wäre der Bau nicht möglich. Wir sehen uns alle, mit den Zwergseidenäffchen, bei der Eröffnung nächs- tes Jahr!

Biologie der Zwergseidenäffchen (Cebuella pigmaea) von Dr. Marc Rosset, Kurator
Systematik, Merkmale: Zwergseidenäffchen gehören zur Ordnung der Herrentiere oder Primaten, zur Unterordnung der Affen und innerhalb der Teilordnung ‚Neuweltaffen’ zur Familie der Krallenaffen (Callitrichidae). Es werden zwei Unterar- ten unterschieden, die hauptsächlich durch ihre geographische Trennung und geringe Unterschiede der Fellfärbung be- gründet sind. Das anatomische Unterscheidungsmerkmal der Krallenaffen gegenüber den anderen Affen und grösseren Neuweltaffen sind die Krallen, die sie anstelle von Fingernägeln (ausser an der grossen Zehe) tragen. Bei den Krallenaf- fen unterscheiden wir ‚Tamarine’ und ‚Marmosetten’: Zu den Tamarinen gehört die Gattung Saguinus, hier stehen u.a. die Liszt-Äffchen, Kaiserschnurrbart-Tamarine und Löwenäffchen. Die Marmosetten – zu ihnen zählen die Zwergseidenäff- chen – unterscheiden sich von den Tamarinen durch ihr Gebiss, das es den Marmosetten erlaubt, Löcher in Baumstämme zu nagen, um an Pflanzensäfte zu gelangen. Krallenaffen wiegen höchstens 700 Gramm (Löwenäffchen), das Zwergsei- denäffchen wiegt aber nur bis 140 Gramm, bei einer maximalen Kopf-Rumpf-Länge von 15 cm, mit dem Schwanz sind’s höchstens 23 cm. Weibchen sind wenig schwerer als Männchen. Die Fellfarbe variiert zwischen bräunlich, ‘gold’ und grau, der Schwanz ist schwarz geringelt.Verbreitung und Lebensraum: Zwergseidenäffchen leben im Amazonasbecken im westlichen Brasilien, im Grenzbereich von Kolumbien, Ecuador, Peru und Bolivien. Sie besiedeln flussnahe Regenwälder, Bambus- und Lianen-Dickicht, aber auch Sekundärwälder und Randbereiche derselben zu Agrarflächen.Lebensweise: Zwergseidenäffchen sind tagaktive Baumbewohner; nachts schlafen sie in Dickichten. Für die Fortbewegung benutzen sie auf allen Vieren waagrechte Äste, sie sind aber ebenso in der Lage, mehrere Meter im Sprung zu überwinden.Nahrung: Der Grund für die Umwandlung der Fingernägel zu Krallen im Verlaufe der Evolution liegt in der Vorliebe der Krallenaffen für gummihaltige Baumsäfte, die Art wird darum als ‘gummivor’ bezeichnet. Festgekrallt an Baumstämmen lecken die Äff- chen den Saft aus Löchern in der Rinde. Nur die Marmosetten sind in der Lage, diese Löcher selbst anzulegen, indem sie die oberen Schneidezähne in der Rinde ‘einschlagen’, während sie mit den vergrösserten Zähnen des Unterkiefers die Rinde aufschaben. Aus den Baumsäften versorgen sich die Tiere mit Kohlehydraten und Mineralstoffen, immerhin zwei Drittel ihrer Nahrungsaufnahme. Eiweisse finden sie in Insekten, vorab in Heuschrecken, Käfern und Schmetterlingen so- wie deren Larven, die von den Baumsaftlöchern angelockt werden. Daneben erbeuten sie auch Spinnen und kleine Wir- beltiere und essen Früchte.Gruppenleben, Fortpflanzung: Zwergseidenäffchen leben in kleinen Familien-Gruppen aus max. 9 Individuen, einem Zuchtpaar und dessen Nachkommen aus bis 4 Würfen. Geschlechtsreife Jungtiere werden von den Eltern aktiv an der Fortpflanzung gehindert. Das Revier einer Gruppe ist nicht grösser als 1⁄2 Hektar. Die Paarung dauert wenige Sekunden, nach 140 Tagen bringt das Weibchen meist zweieiige Zwillinge zur Welt, dies alle 5 – 7 Monate. Die ganze Gruppe beteiligt sich an der Jungenaufzucht. Nach drei Monaten werden die Jungen entwöhnt; geschlechtsreif werden sie mit zwei Jahren. Das Höchstalter wird mit knapp 12 Jahren angegeben. Zwergseidenäffchen kommunizieren über ein grosses Repertoire an Lauten, über typische Körperhaltungen, aber ebenso durch das Absondern chemischer Signale.Status in der Wildbahn und in menschlicher Obhut: Zwergseidenäffchen gelten als vergleichsweise an- spruchslos was den Lebensraum betrifft – darum findet man sie auch in landwirtschaftlich genutzten Ökosystemen. Viele Tierarten sind bedroht, weil ihr Lebensraum verloren geht; dies gilt für Zwergseidenäffchen nicht vorderhand nicht, weshalb die Art nicht als bedroht eingestuft wird. Gefährdet ist die Art, weil Individuen nach wie vor für den Heimtiermarkt weggefangen werden. In Zoos wird die Art häufig gehalten; weil sie aber als nicht gefährdet gilt, existiert vorderhand noch kein Zuchtbuch.